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Fragen und Einwände zum UPI-Bericht 79 „Ökologische Folgen von Elektroautos"

Der UPI-Bericht 79 hat eine rege Diskussion ausgelöst, in der viele Fragen gestellt und einige Einwände erhoben wurden. Im Folgenden eine Sammlung der Fragen und Einwände:
 

Fragen/Einwände

Antwort

"Warum rechnet das UPI nur mit einem Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in Deutschland von 16%. Dieser Anteil lag doch bereits im letzten Jahr bei 27%, also viel höher. "

Bei der Zusammensetzung der Stromerzeugung kann entweder die Primär- oder die Sekundärenergieseite betrachtet werden. Bei der Darstellung des Anteils regenerativer Energie an der Stromerzeugung wird meist ihr Anteil an der Sekundärenergie gezählt, der bei 27% liegt. Bei der Durchführung von Ökobilanzen und der Ermittlung der CO2-Emission und des CO2-Emissionsfaktors muss dagegen die Primärenergie (gesamte zur Stromerzeugung investierte Energie) betrachtet werden (Anteile 16% regenerativ, 60% fossil). Den Unterschied zeigt die nachstehende Grafik. Wenn die CO2-Bilanz mit der Sekundärenergie gerechnet würde, würden z.B. die CO2-Mengen durch die in Abwärme umgewandelte Primärenergie unter den Tisch fallen. Dies wird zwar oft gemacht, ergibt aber unrealistisch niedrige CO2-Emissionen.

"Ein Diesel hat einen Energieverbrauch von ca. 50 kWh/100 km, ein Elektroauto nur von ca. 20 kWh/100 km, das zeigt doch, dass Elektroautos viel sparsamer sind." Das ist dasselbe Problem wie oben beschrieben. In diesem Vergleich wird auch nur die Sekundärenergie verglichen, die Energieverluste bei der Erzeugung der Sekundärenergie werden ignoriert
"Eine Studie des österreichischen Umweltbundesamtes kommt zu völlig konträren Ergebnissen: wie das UPI. Wie erklären Sie sich die Unterschiede ?" Österreich hat (wie auch die Schweiz und Norwegen) einen völlig anderen Strommix wie Deutschland. Österreich erzeugt seinen Strom zu 70% aus regenerativen Quellen (davon zwei Drittel Wasserkraft) und nur zu 14% aus Kohle. Deutschland hat dagegen einen Anteil von 16% regenerativ und 40% Kohle. Dies erklärt den Hauptunterschied.

Die Studie hat aber leider auch (wie etliche andere Studien) den oben beschriebenen Fehler gemacht, beim Kumulierten Energieaufwand nur die Sekundärenergie zu berücksichtigen, nicht die gesamte Primärenergie. Außerdem berücksichtigt die Studie (genauso wie fast alle anderen Studien zum Thema) nicht die Kompensationsregelung durch Elektroautos in der Flottenemission der Hersteller, die letztlich zu einer Erhöhung der CO2-Emissionen durch Elektroautos führt.

"Auch wenn Elektroautos heute in der Klimabilanz noch nicht besser sind als Benziner oder Diesel, durch den Zubau von Windkraftwerken und Photovoltaik wird in den nächsten Jahren doch der Anteil regenerativ erzeugten Stroms zunehmen und die Umweltbilanz besser. "

Ja, der Anteil regenerativ erzeugten Stroms wird zunehmen. Dies wird aber mittelfristig noch nicht zu einer spürbaren Senkung der CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung führen, da der Zuwachs an erneuerbarem Strom im Wesentlichen nur den Rückgang der Kernenergie ausgleichen wird. Erst nach etwa 2030 wird der CO2-Emissionsfaktor von Strom sinken. (siehe die beiden nächsten Bilder und die Prognosen in Kapitel 3.1 der Studie)

Der Prognose liegen die folgenden Annahmen zugrunde:

bulletDer Zuwachs von Wasser-, Wind-, Photovoltaik- und Biomassestrom erfolgt in der Zukunft in derselben Geschwindigkeit wie im Durchschnitt der letzten 7 Jahre.
bulletDer Stromverbrauch entwickelt sich wie im Durchschnitt der letzten 10 Jahre.
bulletDie Kohleabgabe wird nicht eingeführt.
bulletDeutschland steigt bis zum Jahr 2038 aus der Kohle aus.
bulletEs wird kein durch Fracking gewonnenes Gas zur Stromerzeugung eingesetzt.

Insbesondere die erste Annahme über den zukünftigen Zuwachs von Wasser-, Wind-, Photovoltaik- und Biomassestrom ist wegen der Änderungen des Erneuerbaren Energiegesetzes (EEG) im Jahr 2014 eine optimistische Annahme. Auch die zweite Annahme über eine Entwicklung des Stromverbrauchs wie in den letzten 10 Jahren (leichter Rückgang) ist extrem optimistisch. Die Prognose beinhaltet keinen zusätzlichen Stromverbrauch durch das geplante starke Wachstum der Flotte von Elektroautos, elektrisch betriebener Wärmepumpen zur Heizung oder für die Herstellung von Wasserstoff (u.a. zur CO2-Reduktion in der Chemischen Industrie. Für eine klimaneutrale Chemieproduktion ist  eine Verzehnfachung des Stromeinsatzes auf ca. 630 TWh/a, den heutigen Gesamtstromverbrauch der BRD nötig.) Bei einer Zunahme des Stromverbrauchs müssten mehr fossile Energieträger zur Stromerzeugung eingesetzt werden, der CO2-Emissionsfaktror läge dann höher. Auch die Annahme, dass kein durch Fracking gewonnenes Gas zur Stromerzeugung eingesetzt wird ist angesichts des Baues von Flüssiggasterminals zur Abnahme von amerikanischem Frackinggas optimistisch.

"Sie haben mit einem zu hohen Stromverbrauch von E-Autos gerechnet. Mein Smart ED z.B. hat einen Stromverbrauch von nur 12,9 kWh/100 km."

Unsere Berechnungen gelten für den Durchschnitt der in Deutschland verkauften E-PKW unter realen Bedingungen (incl. Heizung, Ladeverlusten, Batteriealterung usw.)
Ein Smart ist ein 2-Sitzer und hat eine Masse von ca. 900 kg, der Durchschnitt der heute verkauften Elektroautos hat eine Masse von 1460 kg, Hybrid-Diesel von 1950 kg. Die Fahrzeugmasse ist einer der Faktoren, von denen der Verbrauch abhängt.

"Haben Sie bei Benzin auch die zur Herstellung von Benzin nötige Energie berücksichtigt ?"

So wie bei der Stromerzeugung ist auch bei Benzin und Diesel die gesamte zur Energiebereitstellung benötigte Primärenergie berücksichtigt.

"Es ist doch nicht sinnvoll anzunehmen, dass E-Autos mit Kohlestrom fahren würden. "

Wir rechnen in der Ökobilanzierung von E-Autos und in den Vergleichen mit anderen Verkehrsmitteln nicht mit Kohlestrom, sondern mit dem bundesdeutschen Strommix. Allerdings weisen wir auf 2 Studien des Ökoinstituts und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung hin, dass bei einer realistischen Grenzkostenbetrachtung die Rechnung mit dem Strommix eine sehr optimistische Annahme ist.

"Sie haben Strom aus der eigenen PV-Anlage mit ungünstigen Werten schlecht gerechnet, zum einen ist die CO2-Neutralität einer PV-Anlage bereits nach 2 Jahren erreicht, zum anderen gibt es im realen Betrieb durch das  nunmehr restriktive EEG immer häufiger das Phänomen der Überschusserzeugung aus der eigenen PV-Dachanlage, welche wirtschaftlich nicht ins Netz eingespeist werden kann, und daher entweder weggeworfen, oder eben zum Aufladen des Elektroautos verwendet werden kann. "

Wir haben die Stromerzeugung mit PV-Anlagen nicht „schlecht gerechnet", sondern die Werte des GEMIS (Globales Emissions-Modell integrierter Systeme) des Öko-Instituts dafür verwendet. Heutige PV-Anlagen haben einen positiven Energie-Saldo, man muss aber die zu ihrem Aufbau aufgewendete Primärenergie ebenfalls berücksichtigen, wie es im GEMIS-Projekt gemacht wird.

Die Verwendung von Überschussstrom aus Wind und PV (Smart-Grid) wurde in der DIW-Studie ausführlich in mehreren Szenarien bis 2030 untersucht. Ergebnis: Selbst bei 100% kostengesteuerter Aufladung (Smart-Grid) wird bis 2030 vor allem fossil erzeugter Strom für die Aufladung der E-PKW benutzt werden. (s. Kap. 3.1)

"Das stromlastabhängige Laden der Elektroautos wurde nicht berücksichtigt, da die aufgenommene Ladeleistung augenblicklich zwischen 5% und 100% variiert werden kann, um der momentanen Stromerzeugung von Solar- oder Windkraftanlagen mit hoher Treue zu folgen."

Wir haben auch das stromlastabhängige Laden berücksichtigt, es ist in den dargestellten Szenarien des DIW bis 2030 zugrunde gelegt und in seinen Auswirkungen ausführlich durchgerechnet worden. (siehe z.B. Bild 16 der Studie)

"Die weit verbreitete Möglichkeit des Strombezugs von einem echten Ökostromhändler wurde nicht berücksichtigt. Hier gibt es bei jeder Betrachtung immer 100% CO2-freien Strom. "

100% CO2-freien Strom aus dem allgemeinen Stromnetz gibt es leider bisher und auf absehbare Zeit nicht. Strombezug aus bestimmten, z.B. regenerativen Kraftwerken ist in einem Stromnetz physikalisch nicht möglich. Geliefert und verbraucht wird immer der im Moment erzeugte Strommix. Physikalisch kommt der aus der Steckdose bezogene Strom heute im Jahresmittel zu weniger als 30% aus regenerativen Kraftwerken, unabhängig vom Tarif.

"Es ist eine unhaltbare Position, dass die Elektrofahrzeuge "Schuld" an der von der Industrielobby gesteuerten Bundespolitik seien - gemäß dieser Logik dürfte man ja kein sparsames Auto kaufen, da dadurch weniger sparsame gefördert werden; "

Elektrofahrzeuge sind natürlich nicht "Schuld an der Bundespolitik". Es ist übrigens auch keine Bundespolitik, sondern eine EU-Verordnung, nach der die Autohersteller CO2-Grenzwertüberschreitungen bei großen PKW mit Elektroautos kompensieren können. Ein sparsames Auto geht mit seiner realen CO2-Emission in die Flottenberechnung der Hersteller ein, ein Elektroauto im Gegensatz dazu aber mit einer (falschen) Nullemission, was das Problem der Zunahme der CO2-Emissionen durch Elektroautos verursacht. (Näheres im Kap. 4.3)

"Die steuerliche Ungleichbehandlung von Benzin und Elektrizität ist genau andersherum wie in der Studie behauptet: 1 kWh Strom ist mit ca. 15 Eurocent, 1 kWh Diesel mit ca 4 Eurocent Steuern & Abgaben belegt. "

Der Vergleich von Steuern und Abgaben in der Einheit „Eurocent pro kWh" ist beeindruckend, sagt aber nicht viel aus. Ein Elektromotor hat einen Wirkungsgrad von ca. 90% (die Verluste entstehen vorher bei der Stromerzeugung), ein Benzinmotor von ca. 30%. Letzterer muss also dadurch ca. 3-mal soviele kWh kaufen und damit Abgaben bezahlen. Ein Vergleich der Abgaben muss deshalb in der Einheit „Cent pro km" (nicht in Cent/kWh) erfolgen. Außerdem sind die Abgaben beim Strompreis überwiegend Umlagen zur Finanzierung des Stromsystems selbst (EEG-Umlage, KWK-Umlage, Konzessionsabgabe etc.), die nicht zur Finanzierung der Infrastrukturkosten des Verkehrs gegengerechnet werden können wie die Mineralölsteuer. Elektroautos haben dieselben Infrastrukturkosten wie Verbrenner, beteiligen sich aber nicht an diesen Kosten. (Genaueres in Kapitel 6.2)

"Sie lassen Vorteile der Elektroautos außer Acht: Im Stadtbereich ist der Elektroantrieb insgesamt deutlich leiser, zwar nicht bei konstanter, niedriger Geschwindigkeit, aber vor allem im Vergleich zum unvermeidlichen höhertourigen Motordrehzahl zwischen den Schaltvorgängen beim Beschleunigen von Verbrenner-PKW, aber auch im Vergleich zu Stadtbussen mit Dieselmotor. "

Ja, dies ist einerseits ein Vorteil der Elektromobilität, andererseits die Ursache für das erhöhte Unfallrisiko für Fußgänger und Radfahrer durch Elektro- und Hybridautos im Stadtverkehr unter ca. 35 km/h. Lärmgrenzwertüberschreitungen durch den Straßenverkehr können durch einen steigenden Anteil an Elektroautos allerdings nicht reduziert werden, da bei neuen PKW bereits ab Geschwindigkeiten von 35 km/h das Reifengeräusch dominiert, das bei Elektro- und normalen PKW gleich ist.

"Bei Elektroautos entfällt das gerne vorgebrachte "Argument" von Autofahrern gegen Tempo 30 in den Städten, dass dies zu mehr Kraftstoffverbrauch führen würde, da dies beim Elektromotor schlicht nicht zutrifft "

Das Argument wird vielleicht manchmal noch vorgebracht, es trifft aber auch bei Verbrennungsmotoren nicht zu.

"Das mit dem erhöhten Unfallrisiko durch Elektroautos kann nicht stimmen. Bei einem Hearing in USA am 23.Juni 2007 wurde festgestellt, dass Prius-Hybrid-Autos von Toyota kein höheres Unfallrisiko für Fußgänger als normale PKW haben. "

Dieses Hearing fand statt. Der dort von einem Teilnehmer (der selbst Prius-Fahrer ist) gemachten Aussage, dass Prius-Hybrids von Toyota kein höheres Unfallrisiko für Fußgänger hätten, lagen lediglich 11 (!) bei Unfällen mit  Prius-Hybrid-PKW getötete Fußgänger zugrunde, eine Unterscheidung nach Stadt- und Überlandverkehr fand nicht statt. Bei einer so geringen Fallzahl lässt sich jedoch keine sichere statistische Aussage treffen.

Das UPI bezieht sich auf die im September 2009 von der Traffic Safety Administration des US-Department of Transportation fertiggestellte Auswertung der Unfälle mit Hybridautos in 12 Bundesstaaten der USA in den Jahren 2000 – 2006, die für Fußgänger ein um 40% und für Fahrradfahrer ein um 70% höheres Unfallrisiko durch Hybridautos im Vergleich zu normalen PKW ermittelte. Dieser Auswertung lagen 125 tödliche Unfälle durch Hybridautos mit Fußgängern und Fahrradfahrern zugrunde, bei denen außerdem zwischen Stadtverkehr (<35 mph , erhöhtes Risiko) und Überlandverkehr (kein erhöhtes Risiko) unterschieden wurde. Diese Ergebnisse sind statistisch signifikant.

UPI-Bericht 79: „Ökologische Folgen von Elektroautos - Ist die staatliche Förderung von Elektro- und Hybridautos sinnvoll ?", August 2015,  3. aktualisierte Auflage Oktober 2019
als PDF (3 MB)

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