17.12.04: Der Bundesrat stimmte mit einer parteiübergreifenden
Mehrheit dem Vorschlag Bayerns für eine neue Verpackungsverordnung zu,
wonach künftig ein Pfand von 25 Cent auf Bier, Wasser, Erfrischungsgetränke
und Limonade in
Einwegverpackungen unabhängig von der Mehrwegquote erhoben werden soll.
Damit wird es in Zukunft weder für Wein noch für Säfte ein Einwegpfand geben, obwohl auch
hier die Mehrwegquoten deutlich unterschritten sind. Auch Verpackungen wie
Getränkekartons oder Aluverpackungen sind von einem Pfand ausgenommen. Andere
Lösungsansätze der Länder Rheinland-Pfalz und Hessen (siehe unten) wurden
vom Bundesrat verworfen. Außerdem müssen Pfandflaschen
ab 1.5.2006 bei jedem
Getränkehändler wieder zurückgegeben werden können, der Flaschen oder Dosen aus
gleichem Material anbietet. Die bisher erlaubten so genannten Insellösungen
einiger Discounter wie Lidl und Aldi sind damit
mit einer Übergangsfrist abgeschafft.
Damit sind auch die Auflagen erfüllt, die der Europäische Gerichtshof in
seinem Urteil zum Dosenpfand vorgegeben hatte.
14.12.04: Der
Europäische Gerichtshof (EuGH) fällt sein Urteil
über die deutsche Verpackungsverordnung. Danach ist eine
Pfandpflicht mit EU-Recht grundsätzlich vereinbar.
Es müsse jedoch dafür gesorgt werden, dass "alle betroffenen Hersteller
und Vertreiber tatsächlich an einem arbeitsfähigen Rücknahmesystem
teilnehmen können". Das ist in Deutschland zurzeit nicht der Fall, da
einige Einzelhändler so genannte Insellösungen geschaffen haben und nur
bei ihnen gekaufte Getränkeverpackungen zurücknehmen.
30.11.04:
Das Bundesverfassungsgericht hat erneut eine Klage zahlreicher Unternehmen
gegen das Dosenpfand abgewiesen. Die Verfassungsbeschwerde von 32
Supermarktbetreibern sowie Getränke- und Weißblechherstellern wurde wegen
fehlender Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung angenommen. Damit
bestätigten die Richter ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.
Januar 2003.
23.9.04: Aus
Rheinland-Pfalz kommt wieder einmal ein unsinniger Vorschlag für eine
Modifizierung des Dosenpfands, der eine umweltfreundliche Lösung torpedieren
würde: Landesumweltministerin Margit Conradi (SPD) legte dem Bundesrat als
Antrag ihres Landes das sog. "Optionsmodell" vor. Danach sollen in Zukunft
die Hersteller und Händler von Getränken wählen können, ob sie das
bestehende Einwegpfand anwenden oder als Alternative eine Abgabe in Höhe von
10 Cent pro Liter (!) zahlen. Die Folgen wären klar: Alle Hersteller würden
sofort die Abgabe von 2 -3 Cent pro Getränkedose wählen, weil dies deutlich
billiger ist als die Handlingkosten eines Pfands. Das Pfand wäre tot,
Einwegverpackungen würden wieder zunehmen und die Landschaft wäre wieder so
vermüllt wie früher.
22.9.04:
Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat das Bundeskabinett formell
unterrichtet, dass die gesetzlich vorgeschriebene Mehrwegquote für Säfte und
kohlensäurefreie Erfrischungsgetränke im dritten Jahr in Folge nicht
erreicht worden ist. Nach der Veröffentlichung der Zahlen im
Bundesgesetzblatt gilt damit ab März 2005 automatisch die Pfandpflicht auch
für diese Getränke. Für Wein werde es noch keine Pfandpflicht geben,
hieß es. Die Mehrwegquote werde zwar dort auch nicht erreicht. Die
Fehlermarge bei der Erhebung der Quoten rette den Wein aber vor der
Pfandpflicht. Abgewendet werden könne die Pfandpflicht nur,
wenn der Bundesrat eine Novellierung der Verpackungsverordnung beschließt.
Saft, Milch und Wein sowie generell Getränkekartons würden
nach dem vorliegenden Entwurf des Bundesumweltministeriums dauerhaft vom
Einwegpfand ausgenommen. Es ist zu hoffen, dass sich der Bundesrat nicht auf
den Verordnungsentwurf des Bundesumweltministeriums einigt, da die geltende
Verpackungsverordnung der CDU/FDP besser ist.
4.5.04: Wie mit Meldungen
manipuliert werden kann, zeigt eindrucksvoll ein Artikel in den heutigen
Wirtschaftsteilen von Zeitungen.
Darin wird behauptet, das Dosenpfand koste
300 Millionen Euro. In Wirklichkeit haben die Verbraucher durch das
Dosenpfand diese 300 Millionen Euro eingespart, indem sie über
die Lebensmittelpreise diesen Betrag weniger an das Duale System gezahlt
haben. Durch die Pfandpflicht ging die Abfallmenge der Getränke-
Einwegverpackungen (Glas und Dosen) nämlich um rund 630 000 Tonnen zurück.
16.2.04: Bisher sind Tetra-Paks und Einwegflaschen für Wein von
der Pfandpflicht ausgenommen. Weil deren Anteil im Gegensatz zu den
bepfandeten Dosen und Einwegflaschen aber immer weiter ansteigt, wird ein
Einwegpfand für
Tetra-Paks und Weinflaschen immer wahrscheinlicher. Nach der
gültigen, von CDU/CSU und FDP im Jahr 1991 und 1998 verabschiedeten
Verpackungsverordnung muss die Mehrwegquote für einen Getränketyp über 72
Prozent liegen. Sinkt sie darunter, tritt sechs Monate später automatisch die
Pfandpflicht in Kraft. Bundesumweltminister Trittin will dies seit einem Jahr
verhindern, weil Tetra-Paks angeblich umweltfreundlich seien und ein Pfand bei
Weinflaschen nicht praktikabel sei. Seine Novelle der Verpackungsverordnung, bei
der die Pfandpflicht auf Tetra-Paks und Weinflaschen generell entfiele, wird
aber von CDU/CSU und FDP im Bundesrat seit einem Jahr blockiert.
Die Argumentation des Bundesumweltministeriums stimmt nur
teilweise: Tetra-Paks sind dann umweltverträglich, wenn ihre Verbundmaterialien
(Zellulose und Aluminium oder Kunststoff) voneinander getrennt und recycelt
werden. Dazu müssen sie aber zunächst eingesammelt werden. Landen sie in der
Umwelt, ist ein Recycling unmöglich. Aluminium und Kunststoffe verschmutzen die
Umwelt und verrotten nicht. Ein Pfand auf Tetra-Paks und andere Blockpackungen
würde ihr Recycling gerade ermöglichen und die Umwelt von nicht verrottbaren
Verpackungsabfällen entlasten.
Auch bei Weinflaschen stimmt die Argumentation
des Ministeriums nicht: die angebliche Unpraktikabilität eines Pfands auf
Weinflaschen wird seit Jahrzehnten durch das bestehende Pfand auf
Wein-Mehrwegflaschen widerlegt.
1.10.03: Die meisten großen Lebensmittelketten haben die
umweltschädlichen bepfandeten Einweggetränkeverpackungen ganz aus dem
Sortiment genommen und durch Mehrweg ersetzt. Damit ist die
Verpackungsverordnung aus dem Jahre 1991 erfolgreicher als je gedacht.
Händler, die weiter
bepfandete Einweggetränke verkaufen, müssen die Dosen und
Einwegflaschen ab heute zurücknehmen und das Pfand zurückerstatten,
egal wo sie gekauft wurden.
Voraussetzung ist, dass Verpackungen gleicher "Art,
Form und Größe" im Sortiment geführt werden. Ausgenommen
von dieser Regelung sind Geschäfte mit einer Fläche unter 200
Quadratmetern. Diese müssen nur Dosen solcher Marken zurücknehmen, die
sie selbst verkaufen. Diese
Sonderregelung gilt jedoch nicht für Filialen
größerer Betriebe.
Die Verbraucherzentralen in Deutschland werden ab heute genau überprüfen, ob der Handel seiner Verpflichtung zur Rücknahme von
bepfandeten Dosen und Einwegverpackungen nachkommt. Gegebenenfalls werde
gegen Unternehmen geklagt, die sich nicht an die gesetzlichen Vorschriften
zur Rücknahme halten. Der Bundesverband
Verbraucherzentrale (VZBV) stellte einen Musterbrief
vor, mit dem sich Kunden bei den Behörden beschweren können, wenn sie
ihr Pfand nicht zurückbekommen. Auch bei der Deutschen Umwelthilfe
können Kunden, die ihr Pfand nicht zurückerhalten, durch
Ausfüllen eines Formulars Geschäfte melden, die das Pfand
sabotieren.
3.9.03: Der Einzelhandel setzt weiter auf Chaos. Die Handelsgruppe Spar
nahm ihre Ankündigung vom Juni 2003 zurück, ein gemeinsames Pfandsystem
mit dem Lebensmittelgroßhändler Lekkerland-Tobaccoland aufzubauen, an
dem sich insgesamt 100.000 Verkaufsstellen mit Kiosken, Tankstellen und
Spar-Filialen beteiligen sollten. Spar habe stattdessen
entschieden, ab 1. Oktober das Bon-System der Vereinigung für
Wertstoffrecycling (Vfw) zur Rücknahme von Einwegverpackungen zu nutzen,
teilte das Unternehmen mit.
Das Bundesumweltministerium versicherte, die Entscheidung habe
keinerlei Bedeutung für den Verbraucher.
Ab 1. Oktober müsse jeder Laden, der Getränkedosen oder
Einwegflaschen verkaufe, solche Verpackungen unter allen Umständen
zurücknehmen, sagte Ministeriumssprecher Michael Schroeren. Dies sei
unabhängig davon, ob die Verpackungen besonders gekennzeichnet seien oder die
Händler beim Verkauf eine Zusatzmarke ausgäben. "Die Zettelwirtschaft
wird ein Ende haben", sagte Schroeren.
14.8.03:
Der Lebensmittel-Discounter Norma gibt nun zu, dass er in der Diskussion
um das Einwegpfand die Öffentlichkeit, die Politik und die Gerichte bis
hin zum Bundesverwaltungsgericht belogen hat. Die bisherige Argumentation
von Norma: Für Rücknahmeautomaten in den gut 1100 Filialen wäre eine
"Einmal-Investition in Höhe von 60,5 Millionen Euro" fällig,
dazu "Betriebskosten in Höhe von jährlich 7,5 Millionen Euro."
Bedrohliche Zahlen, die eine akute Existenzbedrohung der Handelskette nahe
legen sollten.
In einem Schriftsatz vom 4. Juli 2003
(Aktenzeichen: BVerwG 7C31.02)
korrigiert nun
die Rechtsanwaltskanzlei Bissel und Partner im Auftrag von Norma
die seinerzeit vorgetragene Kostenrechnung. Die notwendigen Investitionen
betrügen nicht 60,5 Millionen Euro, sondern nur 0,6 Millionen Euro, 90-fach
weniger.
Bis zum mutmaßlichen Ende des
Pfand-Provisoriums am 1. Oktober werden sogar rund 400 Millionen Euro in
die Kassen des gesamt Einweg-Handels gespült, da aufgrund des nicht
aufgebauten Rücknahmesystems etwa ein Viertel des Pfands in den Läden
verbleibt..
11.6.03: Die Wirtschaft hatte der Bundesregierung Ende letzten Jahres die
Einrichtung bundeseinheitlicher Rücknahmesysteme bis zum 1. Oktober 2003
zugesagt, diese Zusage vergangene Woche aber gebrochen. Sie verlangt nun,
dass anstelle des Pfands eine niedrige Einwegabgabe von acht bis 15 Cent
je Dose oder Einwegflasche eingeführt wird, die der Verbraucher zahlen
soll. Falls die Bundesregierung darauf nicht eingeht, droht der
Einzelhandel jetzt mit dem Aus für Einwegverpackungen. Der Hauptgeschäftsführer
des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), Holger Wenzel:
"Der Handel wird in großem Stil Einweg auslisten."
24.5.2003: Führende Lebensmittelkonzerne und Teile der Getränkeindustrie drängen
die Bundesregierung, das zu Jahresbeginn nach jahrelangem Gezerre eingeführte
Dosenpfand wieder abzuschaffen. Als Ersatz schlagen sie eine auf fünf
Jahre befristete (!) Steuer auf
Einwegflaschen und Getränkedosen vor. Zu den Initiatoren gehören unter
anderem der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE), die
Handelsketten Aldi, Edeka und Tengelmann sowie die Getränkehersteller
Nestlé und Coca-Cola. Mit ihrer Initiative will die Industrie
Investitionen vermeiden, zu denen sie das Dosenpfand zwingt - bis zum
Herbst soll der Einzelhandel Rücknahmeautomaten aufstellen. Bisher zögern
Handelsriesen wie Metro, Rewe oder Tengelmann die notwendigen
Vorbereitungen jedoch seit Monaten hinaus.
Eine Steuer auf Einwegverpackungen wäre als
Ergänzung zu dem Einwegpfand prinzipiell sinnvoll, allerdings weder
in der vorgeschlagenen Höhe noch als Ersatz für das Pfand noch in einer
zeitlichen Befristung. In der von
der Industrie vorgeschlagenen Höhe (10 bis 15 Cent pro Liter)
wäre eine Einwegverpackungssteuer wirkungslos. Eine Coladose würde sich
dadurch lediglich um 2-3 Cent verteuern. Das wäre nicht spürbar und
hätte deshalb keine Lenkungswirkung zu mehr Mehrweg. Außerdem entfiele
der durch das Pfand entstandene Anreiz der Rückgabe der Verpackungen. Die
Einwegdosen und -flaschen würden wieder
in der Umwelt landen, die Vermüllung der Landschaft weiter
zunehmen.
Eine Einwegverpackungssteuer wäre nur
zusätzlich zu dem bestehenden Einwegpfand sinnvoll. Sie müsste sich in
der Höhe an dem Preisunterschied zwischen Einweg- und Mehrweg orientieren
und diesen kompensieren. Dieser beträgt z.B. bei Bier 40 Cent pro Liter.
Nur durch eine Einwegsteuer in mindestens dieser Höhe entfiele der
finanzielle Anreiz zum Kauf von Einwegprodukten.
Nach einem
Gespräch mit Vertretern der Getränkeindustrie erteilte
16.5.03:
Die Deutschen sind mit dem Dosenpfand in seiner jetzigen Form unzufrieden
und wollen dieses ausweiten.
Drei von vier Bundesbürgern befürworten ein Pfand auf alle Getränkeverpackungen,
ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag der "Financial Times
Deutschland". Jeder Dritte kaufe inzwischen mehr Getränke in
Mehrwegverpackungen, so die "FTD".
21.2.03: Die erste Erhebung nach Einführung des Dosenpfands zeigt, dass
dieses sehr erfolgreich ist: Bei Bier stieg die Mehrwegquote von 74,7 im
4. Quartal 2002 auf 91%, bei Cola und Limonaden von 50,5 auf 75,8%, bei
Mineralwasser von 67,8 auf 78,7%. Bei den noch pfandfreien Getränken sank
der Mehrweganteil dagegen weiter ab von 18,3 auf 16,2%.
12.1.03: Bundesumweltminister Trittin legte einen Entwurf für eine
Novellierung der Verpackungsverordnung vor. Danach soll die Pfandpflicht künftig für alle Einweg-Getränkeverpackungen
unabhängig von der Getränkeart gelten. Dies klingt zunächst sinnvoll.
Gleichzeitig sollen aber folgende Ausnahmen gelten:
"1. ökologisch vorteilhafte Einweg-Getränkeverpackungen: Getränkekarton,
Schlauchbeutel für Milch. In der Begründung der Verordnung wird die
Absicht bekundet, weitere Verpackungsarten hinsichtlich der von ihnen
ausgehenden Umweltbelastungen zu untersuchen und bei entsprechendem
Ergebnis in Zukunft als "ökologisch vorteilhaft" einzustufen.
2. Wein (inklusive Perl-, Schaum-, Wermut- und Dessertweine),
Spirituosen und allen Mixgetränken mit einem überwiegenden Anteil davon
3. diätetische Lebensmitteln"
Eine solche Novellierung fiele deutlich hinter die geltende Regelung
zurück. Es ist unverständlich, weshalb ausgerechnet alle alkoholischen
Getränke (außer Bier), anders als in der bisherigen Verordnung, von der
Pfandpflicht befreit werden sollen. (siehe unten) Damit wird gerade der
Grundsatz verletzt, der mit der Novellierung neu eingeführt werden soll (Pfandpflicht künftig für alle Einweg-Getränkeverpackungen
unabhängig von der Getränkeart).
Die Befreiung "ökologisch vorteilhafter"
Einwegverpackungen klingt zunächst sinnvoll. Sie wird jedoch in der
Praxis zu gravierenden Problemen führen. Getränkekartons bestehen nicht nur aus Karton, sondern daneben auch
aus unverrottbaren Verbundwerkstoffen wie Kunststoff und Aluminium. Die
Befreiung dieser Verpackungen von der Pfandpflicht wird zur Folge haben, daß
sich der Markt hin zu diesen Verpackungen verschiebt und die Landschaft in
Zukunft statt durch Dosen durch nicht verrottbare Einwegverpackungen mit Verbundwerkstoffen
vermüllt wird.
Die Möglichkeit, daß in Zukunft weitere "ökologisch vorteilhafte"
Einwegverpackungen von der Pfandpflicht befreit werden, wird dazu führen,
daß die Getränkewirtschaft neue Verpackungen entwickeln wird wie z.B.
dünne Kunststoffflaschen mit geringem Materialaufwand. Diese können nach
der geplanten Verpackungsverordnung dann auch von der Pfandpflicht befreit
werden, jeweils mit der Folge, daß sich der Markt zu diesen Produkten
verschiebt, die sich dann nach kurzer Zeit in großer Zahl in der Umwelt
wieder finden werden.
7.1.03: Politiker von SPD und CDU forderten am
Wochenende ein Pfand auf Wein- und Spirituosenflaschen, um eine
Gleichbehandlung mit Einwegverpackungen bei Bier, Wasser und Limonade zu
erreichen
Das Bundesumweltministerium und der Bundesverband
der Deutschen Weinkellereien und des Weinfachhandels führen folgende Argumente
für eine Ausnahme von Wein von der Pfandpflicht an, die jedoch einer genaueren
Nachprüfung nicht standhalten:
Argumentation BMU und BDWW
Realität
Wein solle ausgenommen werden, "weil er nicht zum Absinken
der gesetzlichen Mehrwegquote von 72 Prozent beitrage."
Diese Behauptung ist schlicht falsch. Wein wird heute
zu Dreiviertel in Einwegbehältnissen verkauft, nur noch zu einem
Viertel in Mehrwegflaschen. Der Mehrweganteil bei Wein sank nach der
durch das Bundesumweltministerium veröffentlichten Statistik von
33,19% im Jahr 1990 über 28,63% im Jahr 1991 auf 26,09% im Jahr 2001, das ist ein relativer
Rückgang seit 1990 um 21,4% !
Bei Spirituosen mache die Abgabe keinen Sinn, weil es für die Käufer
keine Alternativen zur Einwegflasche und damit keine Lenkungswirkung gebe.
Das Einwegpfand hat zwei ökologische Wirkungen: eine
Lenkungswirkung zu mehr Mehrweg und eine Wirkung gegen Litterung
(Verschmutzung der Umwelt durch Abfälle). Die
Lenkungswirkung beim Käufer ist bei einem Pfand relativ gering, da
es bei Rückgabe der Einwegbehältnisse zurück erstattet wird. Das
jetzt eingeführte Einwegpfand wird
bei Produkten mit Mehrwegalternative schätzungsweise zu
einer Verringerung des Einweganteils
um 15-25% führen. (Die in den nächsten Monaten zu
beobachtende hohe Lenkungswirkung ist vor allem durch das Chaos beim
Einzelhandel verursacht, der es versäumte, ein funktionierendes
Rücknahmesystem aufzubauen.) Der Anti-Littering-Effekt dagegen ist
bei einem Pfand sehr groß: Das Einwegpfand wird die in der Umwelt
weggeworfenen Einwegverpackungen um 95-97 % reduzieren.
Wein-Leergut "würde fast komplett" recycelt, 25
Prozent gehen zur Abfüllung zurück an die Winzer.
75%
gehen nicht zur Abfüllung zurück an die Winzer. Davon landet
ein Teil in Wald und Flur (siehe unten). Ein Großteil des Glasabfalls z.B. von
Saufgelagen in der Natur stammt aus Wein- und Spirituosenflaschen. Die daraus
entstehenden Glassplitter bleiben Jahrhunderte in der Umwelt und gefährden
Kinder und Wildtiere und verursachen Pannen beim Fahrradfahren. Ein Pfand auf
Wein- und Spirituosenflaschen, wie es in der gültigen Verpackungsverordnung
vorgesehen ist, würde dieses Abfallproblem fast vollständig lösen.
Gegen ein Pfand sprächen auch die Konsumgewohnheiten. So würde
ein guter Tropfen oft auf Vorrat gekauft und anders als Limonade selten
unterwegs getrunken. Dadurch könne eine Entsorgung im Glascontainer zuverlässig
erfolgen.
Ein guter Tropfen wird vielleicht selten unterwegs getrunken,
aber normaler Wein schon eher. Erhebungen in Naherholungsgebieten zeigen, dass ein
erheblicher Teil der Glas- und Glassplitterabfälle durch Wein- und
Spirituosenflaschen verursacht wird. Finanziell spielt ein Pfand von 0,25 Cent
bei einem guten Tropfen für 5-10 € kaum eine Rolle, es führt jedoch zur
Rückgabe des Leerguts.
Zudem gehe Wein vorwiegend in einzelnen Flaschen über die
Ladentheke. Dies spreche auch gegen einen höheren Mehrweganteil.
Der Sinn dieses Arguments ist nicht
verständlich. Auch andere Getränke in Einwegverpackungen,
für die jetzt eine Pfandpflicht gilt, gehen
zum Teil bis vorwiegend in einzelnen Flaschen bzw. Dosen über die
Ladentheke.
Man kann nicht verlangen, daß die Flaschen von
ausländischen Weinen an die Abfüller zurückgehen.
Auch die meisten anderen Einwegverpackungen, die mit einem
Pfand belegt werden, gehen nicht an die Abfüller zurück.
Ferner komme die Hälfte der im Handel erhältlichen Weine aus
dem Ausland. Eine Bepfandung wäre damit kaum zu bewerkstelligen.
Dieses Argument spräche, würde man ihm folgen,
auch gegen das eingeführte Pfand auf andere Getränke, da im
europäischen Binnenmarkt ein immer höherer Anteil auch von anderen
Getränken aus dem Ausland importiert wird. Die Tatsache, dass Weine
aus dem Ausland zum Verkauf kommen, spielt jedoch keine Rolle. Das
Pfand wird beim Verkauf an den Endverbraucher erhoben. Dort
entfaltet es seine Anti-Littering- und Lenkungswirkung.
Wein in umweltfreundlichen Mehrwegflaschen unterliegt
einem Pfand. Es gibt weder einen ökologischen noch einen ökonomischen Grund, weshalb Wein in umweltschädlichen
Einwegflaschen in Zukunft durch eine Novellierung der
Verpackungsverordnung von der Pfandpflicht befreit werden soll.
Nach dem Scheitern seiner Novelle im Bundesrat im Sommer
2001 strebt Bundesumweltminister Trittin nun noch einmal eine Überarbeitung
der Verpackungsverordnung an. Dazu ist noch im Januar ein Treffen mit Ländervertretern
geplant. Dabei soll das Pfand auf umweltschädliche Einwegverpackungen
vereinheitlicht und anstatt auf die Getränkeart auf die Verpackungsart
bezogen werden. Das ist sinnvoll. Gleichzeitig soll aber die
Pfandpflicht für Weinflaschen gekippt werden. Dies wäre ökologisch
kontraproduktiv und liefe einer dringend notwendigen einheitlichen
Regelung entgegen.
Der Sprecher des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels
(HDE), Hubertus Pellengahr, der sich bisher vehement gegen
die Pfandregelung wehrte, verlangte deshalb am 6.1.03 zu Recht:
"Wenn das Dosenpfand bleibt, brauchen wir
zumindest eine einheitliche Regelung". Die Ausnahme von Weinflaschen
beim Pflichtpfand sei eine "rein politische Entscheidung".
6.1.03: Das Einwegpfand ist erfolgreich eingeführt. Es
stärkt die Mehrwegsysteme noch stärker als ursprünglich geplant, da der
Einzelhandel durch seine juristische Chaospolitik tatsächlich Chaos
verursacht hat, allerdings anders als geplant. Viele Läden haben
Einwegprodukte ausgelistet, weil von Seiten des Handels versäumt wurde,
ein funktionierendes Rückgabesystem aufzubauen. Dort wo es
Einwegprodukte noch gibt, herrscht in der Regel ein
chaotisches Rücknahmesystem, bei dem die Käufer anders als bei
Mehrwegsystemen Verkaufszettel oder Pfandmarken aufheben und vorzeigen
müssen, um das Pfand zurückzuerhalten.
Auch viele Käufer weichen deshalb auf Mehrweg aus, bei
dem die Rückgabe und Rückerstattung optimal geregelt ist. Einige wenige
Geschäfte versuchen jedoch, sich durch illegale Praktiken vor dem Gesetz
zu drücken: dabei reicht die Palette von der Nichterhebung des gesetzlich
vorgeschriebenen Pfands bis zur Pfandrückerstattung allein aufgrund der
Pfandmarke ohne Rückgabe des Pfandguts. Wer mithelfen möchte, diese
schwarzen Schafe zu entdecken, kann sich an der Aktion
"Testkäufe" der Deutschen
Umwelthilfe beteiligen.
20.12.02: Auch das
Bundesverfassungsgericht weist die von der REWE-Gruppe angestrengte Klage
gegen das Einwegpfand zurück. Die Unternehmer
seien weder in ihrem Grundrecht auf Berufsausübung noch in ihren
Eigentumsrechten verletzt, begründete das Gericht seine Entscheidung.
19.12.02: Das
Bundesverwaltungsgericht lehnt die Eilanträge gegen das Dosenpfand ab und
macht damit den Weg frei für den pünktlichen Start des
Pflichtpfands zum 1. Januar. Mit der Entscheidung der höchsten deutschen
Verwaltungsrichter haben die Pfandgegner ihre bislang schwerste Niederlage
einstecken müssen.
16.12.02: Das Einweg-Pfand
wird noch wesentlich erfolgreicher als bisher angenommen. Große
Handelsketten wie Aldi, Lidl, Marktkauf und Edeka werden mit Beginn des neuen Jahres alle
Getränke in pfandpflichtigen Einwegverpackungen aus dem Sortiment nehmen.
Da die Verweigerungsstrategie des Einzelhandels gescheitert ist, droht
für Einweg ein Chaos von Hunderten je nach Geschäft unterschiedlichen,
teils extrem umständlichen Rücknahmesystemen, die zu weiteren
Preissteigerungen für
Einwegverpackungen führen werden. Dies wird den Mehrweganteil
bei Getränken zusätzlich fördern.
2.12.02: Nach dem Urteil des
Oberverwaltungsgerichts Münster
ist der Einzelhandel
dabei umzuschwenken. Der Präsident der ca.
8 000 Betriebe des Getränke-Einzelhandels, Wolfgang Brügel,
erklärte: „Wir haben uns gründlich auf das Dosenpfand vorbereitet und
konsequent Getränke in Einweg ausgelistet. Ab dem Jahreswechsel gibt es
bei uns nur noch vereinzelt Getränke in Einweg, und diese sind mit einer
speziellen Pfandmarke beklebt.“
Ab dem 2. Januar 2003 planen Umweltverbände
und der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels e.V. im
ganzen Bundesgebiet Testkäufe. Dazu wurden 4 130
Discountmärkte, Lebensmittel-Einzelhandelsbetriebe, Kaufhäuser, Getränkemärkte
und Tankstellenshops ausgewählt. Jeder dieser Betriebe wird in den
kommenden Tagen über den beabsichtigten Testbesuch informiert, verbunden
mit einer Information über die Rechtslage und der Aufforderung,
Einweggetränke ab dem 1.1.2003 auszulisten bzw. nur bepfandet zu
verkaufen. Bei Verstößen gegen die Verpackungsverordnung drohen Geldbußen
bis zu 50.000 € pro Fall. Umweltengagierte Bürger können bei den
Testkäufen mitmachen und von der Deutschen
Umwelthilfe e.V. nähere Informationen (u.a. eine Anleitung zur
Durchführung von Testkäufen) beziehen sowie ein Formular
herunterladen.
28.11.02:Der Weg für die flächendeckende
Einführung des Dosenpfands ist nun frei. Das Oberverwaltungsgericht Münster
hat heute eine erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben, die Einzelhändler
aus Nordrhein-Westfalen von der Pfandpflicht befreit hatte. Das OVG
beschied, es werde keinen nordrhein-westfälischen Sonderweg beim
Dosenpfand geben. Das kassierte Urteil des Düsseldorfer
Verwaltungsgerichts war der einzige juristische Erfolg der Pfandgegner,
die das Dosenpfand mit einer Klagewelle verhindern wollten. Vor dem
geplanten Start des Pfandes werden keine weiteren Gerichtsbeschlüsse mehr
erwartet. Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandel (HDE) erklärte
allerdings, er sehe trotzdem keine Möglichkeit für einen pünktlichen flächendeckenden
Start des Dosenpfandes, bis zum 1. Januar 2003 sei ein Rücknahmesystem
nicht aufzubauen. Der Aufbau eines Rücknahmesystems ist allerdings keine
Voraussetzung für die Einführung der Pfandpflicht. Einzelhändler, die
bis 1.1.2003 den Aufbau eines Rücknahmesystems versäumen, müssen die
Einwegbehältnisse dann einfach per Hand zurücknehmen. Außerdem zwingt
niemand Einzelhändler, Getränke in Dosen und Einwegflaschen zu
verkaufen. Die Verpflichtung zur Rücknahme bepfandeter Einwegbehältnisse
entfällt bei Auslistung dieser Produkte. Das Pfand beruht auf der
Verpackungsverordnung, die 1991 von Union und Liberalen beschlossen wurde.
15.11.02:
Nachdem mehrere Einzelhändler erklärt haben, dass sie das Einwegpfand
boykottieren werden, kündigten mehrere Umweltverbände - u.a. der
Naturschutzbund Deutschland (NABU) - sowie Getränkegroßhandel und
mittelständische Brauereien am 15.11.02 an, jeden Verstoß gegen die zum
Januar 2003 in Kraft tretende Regelung des Einwegpfands anzuzeigen. Für
die Betriebe werden dann bis zu 50 000 Euro je Verstoß fällig.
24.9.02: Die
Gegner des Dosenpfands haben in Hessen eine weitere Niederlage hinnehmen müssen.
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden wies am Dienstag die Klagen von vier ausländischen
Mineralwasserabfüllern als unzulässig zurück. Zuvor hatten bereits 38
deutsche Unternehmen der Bier- und Verpackungsbranche
nach einer mündlichen Verhandlung ihre Klagen gegen das Dosenpfand vor
dem gleichen Gericht zurückgenommen.
23.9.02: Dänemark führt ein
Dosenpfand nach deutschem Vorbild ein.
22.9.02: Mit dem Sieg der SPD
und den GRÜNEN bei der Bundestagwahl und der Fortsetzung der rot-grünen
Bundesregierung bleibt es beim Dosenpfand.
12.9.02: In ganzseitigen Anzeigen werfen Verbände der
mittelständischen Getränkewirtschaft Kanzlerkandidat Edmund Stoiber
(CSU) Wortbruch vor und fordern ihn auf, sich nicht gegen das geplante
Pflichtpfand auf Einweg-Getränkeverpackungen zu stellen. "Ein Stopp
des Dosenpfands bedroht den Fortbestand Tausender mittelständischer
Betriebe, 250.000 Arbeitsplätze hängen vom Fortbestand des
Mehrwegsystems ab", hieß es in den Zeitungsanzeigen, u.a. in der
BILD-Zeitung.
Noch am selben Tag lenkte
CDU/CSU-Kanzlerkandidat Stoiber scheinbar
ein: Im Falle eines Unions-Wahlsieges soll nun "bis zum 1. Dezember
versucht werden, eine freiwillige Vereinbarung der Industrie zu
erreichen." Nur wenn diese nicht zustande kommt, soll das Dosenpfand
kommen. Der Entwurf zu einer "freiwilligen
Vereinbarung" liegt allerdings schon in den Schubladen der Industrie:
Statt der bisherigen prozentualen Mehrwegquote von 72%, deren
Unterschreitung automatisch das Dosenpfand auslöste, soll es nach dem
Willen der Getränkeindustrie eine freiwillige Vereinbarung geben, nach
der nur die absolute Menge der in Mehrwegverpackungen abgefüllten
Getränkemenge gleich bleiben soll. Das hört sich gut an, bedeutet aber,
daß die Einwegverpackungen im Getränkesektor praktisch ungebremst weiter
zunehmen würden. Da die verkauften Getränkemengen seit Jahren deutlich
wachsen, könnte der gesamte Zuwachs der Getränkeverpackungen in
Einwegverpackungen gehen.
10.9.2002: Die Chaosstrategie des Einzelhandels hat einen Erfolg: Nachdem die Pfandgegner bei allen vorherigen Gerichten
verloren, entschied das Düsseldorfer
Verwaltungsgericht in 1. Instanz gegen das Dosenpfand, allerdings nur in
den Landesgrenzen Nordrhein-Westfalens. Das Land Nordrhein-Westfalen und
der Bund wollen das Dosenpfand in der nächsten Instanz gegen eine
Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf durchfechten.
Umweltministerin Bärbel Höhn hat beim Oberverwaltungsgericht
Münster ebenso wie bereits Bundesumweltminister Jürgen Trittin
Beschwerde eingelegt.
29.8.2002: Die CDU/CSU
will im Falle eines Wahlsieges die vor ihr selbst 1991 und 1998
beschlossene Pfandpflicht für Dosen nicht in Kraft
treten lassen. Das geht aus dem Sofortprogramm der Union vor.
7.8.2002: Karstadt
und Aldi scheren aus der Sammelklage gegen das Einwegpfand aus. Aldi
stellt sich auf das Pfand ein und will ab 1.1.2003 keine Getränkedosen
mehr verkaufen. 3.7.2002: 7436 Händler- und
Getränkehersteller haben vor dem Verwaltungsgericht Berlin eine
Sammelklage gegen das von der Bundesregierung geplante Einwegpfand
eingereicht. Gleichzeitig wurde beantragt, den Vollzug der Pfandpflicht
bis zum Abschluss des Verfahrens auszusetzen. Nach Angaben des
Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels (HDE), der die Klage
mitinitiierte, vertreten die Kläger mehr als 80 Prozent des deutschen
Getränkemarktes. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik soll
mit dieser Chaosstrategie mit 100 angestrengten Gerichtsverfahren in allen
Bundesländern ein seit 11 Jahren beschlossenes Gesetzesvorhaben des
Staates torpediert werden.
27.6.2002: Die Getränkehersteller sind mit ihrer Klage
gegen das Dosenpfand endgültig vor dem Bundesverfassungsgericht
gescheitert. Die Unternehmen hatten damit die Veröffentlichung der
Getränkeverpackungsstatistik verhindern wollen. Damit steht der
geplanten Einführung ab Januar 2003 nichts mehr im Wege.
20.3.2002: Das Bundeskabinett beschloß die Umsetzung der
Verpackungsverordnung. Damit wird es ab 1.1.2003 ein Einwegpfand zunächst
für Bier, Cola, Limo und Mineralwasser geben.
22.2.2002: Das Oberverwaltungsgericht Berlin wies in letzter Instanz genauso
wie zuvor das Berliner Verwaltungsgericht die Klagen von 16 Unternehmen der
Getränkeindustrie (unter anderen die Bierbrauereien Karlsberg, Wernesgrüner, Bitburger
und die Dortmunder Actien-Brauerei sowie die Handelsketten Rewe, Aldi und Plus) gegen das
geplante Dosenpfand zurück. Die Unternehmen hatten damit die Veröffentlichung der
Getränkeverpackungsstatistik verhindern bzw. verzögern wollen. Damit ist der Weg für
das Dosenpfand frei.
Inzwischen liegt die Mehrwegquote bei Mineralwasser, Bier und
Wein über mehrere Jahre unter der Referenzquote von 1991.
13.7.2001: Mit knapper Mehrheit lehnte der Bundesrat die von
Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) vorgelegte Pfandverordnung ab. Damit bleibt
automatisch die bereits 1991 von dem damaligen Bundesumweltminister Töpfer verabschiedete
und 1998 von Bundesumweltministerin Merkel erneuerte Verpackungsverordnung in
Kraft. Danach wird es ab Mitte 2002 ein Pfand von 25 Cent (50 Pfennig) auf
Einwegverpackungen (Dosen, Glas- und Kunststoffflaschen) für diejenigen Getränke geben,
bei denen die festgelegte Mehrwegquote seit mehreren Jahre unterschritten wird. Dies
ist bisher bei Bier und Mineralwasser der Fall, in den nächsten Jahren vermutlich auch
bei Wein. Auch bei Wein ist inzwischen nämlich die gesetzlich festgelegte Mehrwegquote
unterschritten. Wegen statistischer Fehlertoleranzen will das Bundesumweltministerium Wein
im nächsten Jahr noch von der Pfandpflicht ausnehmen. Die Tendenz geht jedoch auch bei
Wein zu Einweg.
Kommentar: Vor der Bundesratsentscheidung wurde von verschiedenen
Seiten die Anwendung der bestehenden Verpackungsverordnung als die denkbar schlechteste
Alternative bezeichnet. Dies ist nicht der Fall. Der häufig genannte Nachteil, daß
Erfrischungsgetränke (Cola, Fanta) vom Pfand ausgenommen sind, ist nicht so groß, da bei
diesen in den letzten Jahren durch die Einführung der bepfandeten PET-Mehrwegflasche der
Absatz in Mehrwegverpackungen stabilisiert wurde. Die Einbeziehung von Wein ist im
Vergleich zu der von Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) vorgelegten Verordnung
positiv zu bewerten. Warum soll Wein in umweltfreundlichen Mehrwegflaschen einem Pfand
unterliegen, Wein in umweltschädlichen Einwegflaschen dagegen nicht ?
18.Juni 2001: CDU/CSU und Teile der SPD für Planwirtschaft beim
Dosenpfand
Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen, Thüringen und
Rheinland-Pfalz wollen bei der Abstimmung im Bundesrat am 13.7.2001 den Entwurf von
Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) ablehnen und stattdessen einen
"Alternativ-Vorschlag" des bayerischen Umweltministers Werner Schnappauf (CSU)
unterstützen. Dieser will die Getränkehersteller verpflichten, eine Mindestmenge von 25
Milliarden Litern in Mehrwegflaschen anzubieten. Unterschreitet die Industrie diese Menge,
soll sie eine Vertragsstrafe von 480 Millionen Mark zahlen müssen.
Dieser Vorschlag ist
a) juristisch nicht haltbar. Es ist in einer Marktwirtschaft
verfassungsrechtlich nicht möglich, der Wirtschaft eine Mindestproduktion vorzuschreiben
und eine Vertragsstrafe bei Produktionsunterschreitung zu verhängen. Dies wäre nur in
einer Planwirtschaft möglich.
b) ökologisch unsinnig, da er den gesamten Zuwachs des Getränkemarktes in
den Einwegbereich lenken würde und
c) keinerlei Verringerung des Abfallproblems in der Landschaft bewirken
würde.
Da er juristisch nicht praktikabel wäre, wäre damit der bisherige
Schutz des Mehrwegsystems durch den Staat ausgehebelt. Alle Firmen, die bisher im
Vertrauen auf die Verpackungsverordnung in Mehrwegsysteme investiert hatten, wären
betrogen, zukünftige Investitionen in Mehrweg würden nicht mehr getätigt und
Einwegsysteme würden den Markt dominieren.
Nach heftigem Streit in Politik und Wirtschaft hatten sich Umweltminister Jürgen Trittin
(Grüne) und Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) Anfang Februar 2001 über ein
Pflichtpfand auf alle Getränkedosen und Einwegflaschen verständigt, das Bundeskabiett
beschloss die Regelung am 2.5.2001. Danach sollen vom 1.Januar 2002 an
"ökologisch nachteilige'' Getränkeverpackungen mit einem generellen Pfand in Höhe
von 25 Cent (etwa 50 Pfennig) belegt werden. Die Neuregelung soll für Getränkedosen
sowie Einwegglas- und Kunststoff-Flaschen gelten. Ab einem Füllvolumen von 1,5 Litern
steigt das Pfand auf 50 Cent.
Von 1990 bis 1998 nahm der Absatz von Getränken in
Einwegverpackungen um über 35% zu, der Anteil der Mehrweg-Flaschen ging immer weiter
zurück, von 76 Prozent 1980 auf 70 Prozent 1998. Deshalb würde auch nach der derzeit
geltenden Verpackungsverordnung noch in diesem Jahr ein Zwangspfand eingeführt.
Dieses Pfand in Höhe von 0,50 DM würde alle Getränkebereiche betreffen, in denen der
Mehrweganteil seit 1991 gesunken ist. Zurzeit sind das Bier und Mineralwasser, in den
nächsten Jahren wahrscheinlich auch Wein. Die beliebte Coladose dagegen
wäre davon verschont geblieben. Trittins Novelle der Verpackungsverordnung hätte diese
Ungleichbehandlung behoben: Unabhängig vom Inhalt wäre das Pflichtpfand auf alle
Getränkedosen und Einwegflaschen erhoben worden. Ausgenommen wären allerdings Flaschen
für Wein, Schnaps, Schaum- oder Perlweine und Getränkekartons (Blockpackungen), letztere
weil sie als "ökologisch neutral" bewertet werden.
Kaum war der Beschluß veröffentlicht, kündigte die Opposition
wie üblich wieder "entschiedenen Widerstand" an. CDU und FDP nannten die Pläne
"unsinnig" und sprachen von einem "riskanten Schnellschuss".
Was die Opposition "vergessen" hat: Das Dosenpfand wurde
von ihr selbst vor zehn Jahren beschlossen. Die geplante Regelung gründet incl. der
Pfandsätze auf der Verpackungsverordnung vom 12.10.1991, die von Angela
Merkel 1998 bestätigt und novelliert wurde. Neben der CDU/CSU kämpften auch 2
Länderminister der SPD gegen das Dosenpfand: die rheinland-pfälzische Umweltministerin
Klaudia Martini und der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Ernst Schwanhold.
Beide beherbergen in ihren Ländern Dependancen des einzigen Weißblechproduzenten der
Republik, Rasselstein Hoesch.
In einer aktuellen Umfrage von SPIEGEL-Online, an der sich 8 400 Leser beteiligten, sprachen
sich 76% dafür und nur 16% dagegen aus. In einer vom 9. bis 15.3.2001 unter 3015
repräsentativ ausgewählten Bundesbürgern durchgeführten EMNID-Meinungsumfrage
befürworteten drei Viertel der Befragten (73,5 %) ein Einwegpfand, ein Viertel (24,1 %)
sprach sich dagegen aus.
Ökologisch ist ein Einwegpfand positiv zu bewerten. Es ist
allerdings nur die zweitbeste Möglichkeit. Besser wäre eine Kombination von Pfand und
Öko-Abgabe. Durch ein Pfand wird in Zukunft die weitere Vermüllung der Landschaft
deutlich verringert. Durch eine Öko-Abgabe könnten zusätzlich Mehrwegsysteme gefördert
und Einwegsysteme spürbar zurückgedrängt werden. Wie die Grafik "Getränkepreise
Einweg-Mehrweg" zeigt, werden Getränke heute in Einwegbehältnissen billiger
angeboten als in Mehrwegsystemen. Die Ursache sind die vom Handel bei Einweg eingesparten
Handlingkosten. Die höheren Kosten für die Beseitigung von Einwegabfällen in der Umwelt
werden dagegen von der Allgemeinheit getragen, nicht vom Handel und vom Konsumenten. Eine
Abgabe hätte allerdings nur dann Sinn, wenn sie so hoch wäre, daß dadurch
Einwegverpackungen teurer als Mehrwegverpackungen werden. Dazu müsste eine Abgabe z.B.
mindestens 30 Pf/0,33-Liter-Dose betragen.
Das Bundesumweltministerium bemühte sich um eine sinnvollere Lösung.
Diese wurde jedoch von der Wirtschaft und der Opposition verhindert. Seit über einem Jahr
liefen Verhandlungen mit Industrie und Handel, um das nach der Verpackungsverordnung von
1991 drohende Zwangspfand durch eine bessere Lösung abzuwenden. Doch die Verhandlungen
scheiterten im Juni 2000 am Widerstand des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI).
Das geplante Zwangspfand wird allerdings durch die verursachten Rücknahmekosten ebenfalls
zu einer wenn auch bescheidenen Verteuerung der Einwegverpackungen (Größenordnung 10-15
Pfennig/Liter) und damit auch zu einem leichten Rückgang der Einwegsysteme führen.
Ökologisch unsinnig sind allerdings die im Verordnungsentwurf des
Umweltministeriums geplanten Ausnahmen von der Pfandpflicht. Dies wird
damit begründet, daß es für Alkoholika keine sinnvollen Mehrwegsysteme gäbe und daß
Blockpackungen in der Umweltbilanz nicht schlechter abschneiden als Mehrwegsysteme.
Letzteres gilt jedoch nur, wenn sie recycelt werden. Würden sie von der Pfandpflicht
ausgenommen, hätte sich der Markt der Einwegverpackungen bei kohlensäurefreien
Getränken hin zu Blockpackungen verschoben und die Vermüllung der Landschaft mit
Blockpackungen an Stelle von Flaschen zugenommen. Blockpackungen sind als Abfall in der
Umwelt sehr beständig, da sie aus nicht verrottbaren Verbundmaterialien (Plastik- oder
Alu-Folie mit Zellulose) bestehen. Durch die Einbeziehung der Blockpackungen in die
Pfandpflicht wie in der alten Verpackungsverordnung kann dies leicht verhindert werden.
Eine Pfandpflicht auch für Blockpackungen ist dabei genauso wenig eine Diskriminierung
wie das seit Jahrzehnten flächendeckend bestehende Pfand für umweltfreundliche
Mehrwegsysteme. Gleiches gilt für Alkoholika. Nach dem Verordnungsentwurf wäre Wein in
Mehrwegflaschen mit einem Pfand belegt, Wein in Einwegflaschen dagegen nicht.
Unwissenschaftliche Argumentation der Dosenlobby
Ein Teil des politischen Streits geht darüber, wieviel die Einführung
des Dosenpfands kosten wird. Während das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt
die Kosten mit 265 Mio DM pro Jahr beziffern, spricht eine Studie der Unternehmensberatung
Roland Berger im Auftrag der Lobbyorganisation "Arbeitsgemeinschaft Verpackung und
Umwelt (AGVU)", einem Zusammenschluß von Getränkekonzernen, von 1,5 Mrd DM Kosten
pro Jahr. Gleichzeitig behauptet diese Studie, daß ein Zwangspfand keine ökologische
Lenkungswirkung habe und dem Mehrwegsystem schaden würde. Diese Argumentation ist jedoch
in sich nicht schlüssig. Gerade wenn das Dosenpfand tatsächlich zu Kosten von 1,5 Mrd DM
pro Jahr führen würde, würde dies Einwegverpackungen im Vergleich zu Mehrwegsystemen um
25 Pfennig pro Liter verteuern ! Dies würde eine deutliche Lenkungswirkung zugunsten von
Mehrwegsystemen entfalten.
Wie der Fachpresse zu entnehmen ist, denken gerade Großmärkte und
Discounter, aber auch kleinere Verkaufsstellen intensiv über eine Auslistung von Einweg
nach, um der Annahmepflicht der Einwegverpackungen zu entgehen.
Die Lenkungswirkung eines Pfandes ist in Deutschland übrigens längst
bewiesen. Die Vorläuferin der Verpackungsverordnung vom 20.12.1988 stoppte innerhalb
kurzer Zeit den damaligen Trend zu Einweg-Kunststoffflaschen, übrigens mit einer
identischen Pfandhöhe von DM 0,50 je PET-Verpackung.
TÜV-Studie zum Thema Littering
Ein ähnliches Beispiel, wie mit scheinbar
"wissenschaftlichen" Studien manipuliert werden kann, ist die vom
Rheinisch-Westfälischen TÜV im Auftrag der "Arbeitsgemeinschaft Verpackung
und Umwelt (AGVU)" durchgeführte Studie zum Abfall-Littering, der Verschmutzung der
Landschaft durch Abfälle. Nach dieser häufig zitierten "Studie" machen
Getränkeverpackungen angeblich nur 6 Prozent des Abfallproblems in der Landschaft aus.
Die Schlußfolgerungen: Maßnahmen zur Eindämmung der Getränkeeinwegverpackungen
könnten das Problem deshalb kaum verringern und seien unverhältnismässig und deshalb
juristisch nicht zulässig, 94% des Abfall-Litterings seien damit nicht erfassbar.
Der TÜV hatte mit großem Aufwand an 590 Orten in allen Teilen des
Bundesgebiets das Abfallproblem durch weggeworfenen Müll untersucht, dabei jedoch für
diese Fragestellung eine unsinnige Methode angewandt: Gemessen wurde vom TÜV die
"sichtbare Oberfläche" der weggeworfenen Abfälle völlig ohne
Berücksichtigung, wie dauerhaft die Abfälle sind.
So wurden vom TÜV (großflächige) Zeitungen, Papierabfälle, Kartons,
Grün- und Gartenabfälle etc., die in der Landschaft in kurzer Zeit ohne Rückstände zu
Kompost vergehen gleich bewertet wie z.B. Glasflaschen, Glassplitter aus Einwegflaschen
oder Plastikflaschen, die noch nach Jahrtausenden in der Umwelt liegen werden. Und da nur
die "sichtbare Oberfläche" gemessen wurde, fielen z.B. Papier- und
Zeitungsabfälle wesentlich stärker ins Gewicht als Glas. Nach der TÜV-Studie wurde z.B.
ein Quadratmeter Biomüll (zusammengekehrtes Laub oder Gras) mit 118 Getränkedosen oder
ca. 105 Bierflaschen gleichgesetzt. So ließ sich der Anteil von
Getränkeeinwegverpackungen im Interesse des Auftraggebers elegant kleinrechnen. Zuletzt
verwendete die rheinland-pfälzische Umweltministerin Klaudia Martini
(SPD) (inzwischen zur Werbe-Chefin des Opelkonzerns aufgestiegen) dieses Gefälligkeitsgutachten, um am 5.5.01 in einer AP-Meldung
Bundesumweltminister Trittin "Augenwischerei" vorzuwerfen, da "Dosen und
Flaschen nur 6% des Gesamtmülls in der Landschaft" ausmachten.
Von Umweltministerin Klaudia Martini stammt auch ein unsinniger
Vorschlag als Alternative zum Einwegpfand: Neue Messgröße soll nach diesem Konzept nicht
mehr eine prozentuale Mehrwegquote von 72% der verkauften Getränke wie in der
Verpackungsverordnung sein, sondern ein absoluter Grenzwert von "jährlich 23
Milliarden Liter Getränke in ökologisch vorteilhaften Verpackungen", bei dessen
Unterschreitung dann ein Einwegpfand in Kraft treten soll. Da der Getränkeabsatz seit
Jahren aber um ca. 2,5% pro Jahr wächst, könnte damit in Zukunft der gesamte Zuwachs in
den Einwegsektor gehen, ohne daß Maßnahmen ergriffen würden. Der Anteil von Mehrweg
würde mit diesem Konzept immer weiter absinken. Ein ähnlicher Vorschlag wurde von der
CDU-Landesregierung Baden-Württemberg in den Bundesrat eingebracht. Danach soll der
Grenzwert bei 21 Milliarden Litern in Mehrwegverpackungen liegen.
Industrie und Handel lehnen die Pfandpflicht übrigens nicht
geschlossen ab. Mit der Einführung des Zwangspfandes werde "Waffengleichheit
zwischen Einweg und Mehrweg" hergestellt, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung
des Bundesverbandes des Deutschen Getränkefachgroßhandels, des Bundesverbandes
mittelständischer Privatbrauereien und anderer Handels- und Umweltverbände. Ohne ein
Zwangspfand drohe der Zusammenbruch des Mehrwegsystems. Dies würde 250.000 Arbeitsplätze
gefährden.
Was bei der von der Opposition und Teilen der SPD favorisierten
"Lösung" "weiter-so-wie-bisher" zu erwarten wäre, läßt ein Blick
über den Atlantik erahnen: Der durchschnittliche US-Amerikaner greift heute 377 mal im
Jahr zur Dose, ein Deutscher bisher nur 77 mal.